Die Tätigkeit von Betriebsärzten (d.h. Fachärzten im Gebiet Arbeitsmedizin und Ärzten mit Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin) wird von zahlreichen Gesetzen und Verordnungen geregelt und berührt. Es gibt also leider nicht das eine Gesetz, in dem man alles nachlesen kann. Relevant sind insbesondere
Wenn auf die Arbeitsplätze in Ihrem Unternehmen diese oder andere besondere Gesetze anzuwenden sind, dann überprüfen Sie, ob Ihr designierter Betriebsarzt auch die für die Untersuchungen notwendigen Ermächtigungen besitzt, bevor Sie einen Betreuungsvertrag mit ihm schließen.
Mit unserem Betriebsarzt Online-Rechner können Sie ganz einfach eine Aufwandschätzung für die betriebsärztliche Betreuung Ihres Unternehmens durchführen. Dabei werden Sie Schritt für Schritt durch die relevanten Vorschriften geführt und entscheiden selbst, welche davon für Ihr Unternehmen zutreffen. Neben den Einsatzzeiten ermittelt der Rechner auch eine Kostenschätzung, die Sie für die Budgetplanung oder den Vergleich von Angeboten einsetzen können. Hier gehts zu unserem Betriebsarzt Online-Rechner.
In §2 Arbeitssicherheitsgesetz verlangt der Gesetzgeber "Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen ... soweit dies erforderlich ist im Hinblick auf die Betriebsart ... die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft ... die Betriebsorganisation". In der DGUV Vorschrift 2 der Deutschen gesetzliche Unfallversicherung ist nun konkret beschrieben, wann die geforderte Bestellung von Betriebsärtzten tatsächlich erforderlich ist.
Art und Umfang der betriebsärztlichen Betreuung richten sich dabei nach der Anzahl der Beschäftigten, wobei die DGUV V2 in §2 Abs. 5 auch festlegt, dass diese Zahl als Jahresdurchschnitt zu ermitteln ist. In Abhängigkeit dieser Zahl legt die Vorschrift dann in den Anlagen verkürzt etwa folgendes fest
In Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten ist eine Grundbetreuung und eine betriebsspezifische Betreuung erforderlich. Der Umfang der Grundbetreuung errechnet sich ähnlich wie in Anlage 1 aus der "Betreuungsgruppe", und diese wiederum aus dem "WZ-Schlüssel". Allerdings gibt die Anlage 2 nun Einsatzstunden pro Mitarbeiter vor, der Aufwand für die Grundbetreuung variiert also mit der Mitarbeiterzahl. Zu beachten ist dabei, dass die so errechneten Einsatzstunden für Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit zusammen gelten. Bei der Aufteilung besteht also etwas Spielraum, allerdings gibt die DGUV V2 Untergrenzen vor. Es ist also nicht möglich, den Betriebsarzt durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit zu ersetzen oder umgekehrt. In der Praxis wird oft eine Aufteilung der Einsatzstunden von 40% für den Betriebsarzt und 60% für die Fachkraft für Arbeitssicherheit vereinbart. Der vorgeschriebene Inhalt der Grundbetreuung ist nach Anlage 2 auch wesentlich umfangreicher als für Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten nach Anlage 1.
Neben der Grundbetreuung ist zusätzlich eine betriebsspezifische Betreuung erforderlich. Ähnlich zur anlassbezogenen Betreuung bei kleineren Betrieben hat der Unternehmer hier eine gewisse Eigenverantwortung und begrenzte Gestaltungsfreiheiten. Die DGUV V2 beschreibt "unverbindliche" Checklisten, anhand derer die notwendigen Einsatzstunden für Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit getrennt ermittelt werden. Eine nachträgliche Aufteilung dieser Einsatzstunden nach einem pauschalen Prozentsatz ist daher nicht notwendig. Die Unverbindlichkeit der Checklisten ist allerdings so zu verstehen, dass sie den Mindestumfang der Ermittlung durch den Unternehmer vorgeben, und nicht so, dass der Unternehmer diese Prüfung ignorieren könnte. Die DGUV V2 stellt auch einen umfangreichen Katalog über die Leistungen der betriebsspezifischen Betreuung auf. Es wird zudem festgelegt, dass sich der Unternehmer durch den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit zum notwendigen Betreuungsumfang beraten lassen muss. Zudem wird festgelegt, dass arbeitsmedizinische Untersuchungen Teil der betriebsspezifischen Betreuung sind, so dass sich schon hieraus ein gewisser Mindestumfang ergibt. Grund- und betriebsspezifische Betreuung bilden zusammen die Regelbetreuung für Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten.
Zusammenfassen kann man sagen, dass Sie ab dem ersten Beschäftigten einen Betriebsarzt brauchen. Ob Sie seine Leistungen bedarfsweise einkaufen oder lieber einen Betreuungsvertrag mit einem arbeitsmedizinischen Dienst schließen, bleibt letztlich Entscheidung des Unternehmers. Ab einer gewissen Betriebsgröße oder der Entscheidung für die Regelbetreuung, also gegen das Unternehmermodell, ist ein Betreuungsvertrag sehr wahrscheinlich die bessere Alternative. Für sehr große Betriebe lohnt sich auch die Einstellung eines eigenen Betriebsarztes als Mitarbeiter.
Bedenken Sie, dass Sie Ihre Beschäftigten in jedem Fall informieren müssen, welcher Betriebsarzt anzusprechen ist. Insofern sollte also die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Betriebsarzt vorher geklärt sein. Im Regelfall wird hierzu ein kostenpflichtiger Betreuungsvertrag mit einem Anbieter arbeitsmedizinischer Dienstleistungen geschlossen.
In vielen Fällen wird das auch beim Unternehmermodell so gehandhabt und eine gewisse Abrufleistung für die anlassbezogene Betreuung vereinbart. Natürlich können Sie beim Unternehmermodell die Leistungen auch bedarfsweise einzeln, d.h. anlassbezogen frei auf dem Markt einkaufen. Wie in vielen anderen Branchen gilt auch hier, dass Leistungen bei Vertragsbindung meist günstiger sind als beim Einzelkauf. Gegenüber Ihren Mitarbeitern müssen Sie in diesem Fall einen Betriebsarzt nicht namentlich benennen, sondern lediglich mitteilen, wie der Kontakt zu einem Betriebsarzt hergestellt wird (z.B. über einen Ansprechpartner im Betrieb).
Das Arbeitssicherheitsgesetz listet in §3 die Aufgaben der Betriebsärzte und in §6 die Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit auf. Vergleicht man die beiden Listen, so fallen einige wortgleiche Formulierungen auf. Man könnte daher auf die Idee kommen, für diese Tätigkeiten jeweils nur eine von beiden Disziplinen zu benötigen. Dies ist aber nicht der Fall, vielmehr drückt die Doppelung der Aufgaben aus, dass diese Aufgaben von beiden Kräften unter Anwendung ihrer jeweiligen Fachkunde durchzuführen sind. Man braucht also einen Betriebsarzt und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Ein Ausnahme bildet die Regelbetreuung für Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten, bei der zunächst nur einer von beiden gebraucht wird, dieser jedoch den Sachverstand des jeweils anderen Sachgebietes hinzuziehen muss.
Bei der Regelbetreuung für Betriebe mit bis zu 10 Beschäftigten durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit muss diese den Sachverstand eines Arbeitsmediziners hinzuziehen. Wenn Sie also einen Betreuungsvertrag mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit geschlossen haben, dann achten Sie darauf, dass dies auch tatsächlich erfolgt. Denn darauf haben Sie einen Anspruch, dafür haben Sie bezahlt, und die Fachkraft für Arbeitssicherheit muss das auch nachweisen.
Da Sie spätestens für arbeitsmedizinische Untersuchungen Ihrer Mitarbeiter sowieso einen Arzt brauchen, ist es unter Umständen sinnvoller, die Betreuung Ihres Unternehmens durch einen arbeitsmedizinischen Dienst statt durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit durchführen zu lassen.
Diese Begriffe sind in der DGUV Vorschrift 2 der Deutschen gesetzliche Unfallversicherung definiert. Sie bezeichnen unterschiedliche Anteile der arbeitsmedizinischen Betreuung und gehören zu unterschiedlichen Betreuungsmodellen.
Regelbetreuung bezeichnet schlicht die "normale" Betreuung von Unternehmen und nicht etwa eine weitere oder zusätzliche Betreuung. Für Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten ist dies die Summe von Grundbetreuung und anlassbezogener Betreuung, für Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten die Summe aus Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung.
Eine Alternative zur Regelbetreuung ist die "Alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung", kurz "Unternehmermodell". Hierbei betreut der Unternehmer seinen Betrieb nach entsprechenden Schulungen selbst. Für arbeitsmedizinische Untersuchungen braucht er natürlich trotzdem einen fachkundigen Arzt, dies wird dann als "bedarfsorientierte Betreuung" bezeichnet.
Diese drei Begriffe sind in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) definiert.
§ 4 ArbMedVV besagt,
"Der Arbeitgeber hat nach Maßgabe des Anhangs Pflichtvorsorge für die Beschäftigten zu veranlassen. Pflichtvorsorge muss vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen veranlasst werden. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn der oder die Beschäftigte an der Pflichtvorsorge teilgenommen hat."
Pflichtvorsorge umfasst all jene arbeitsmedizinischen Untersuchungen, zu deren Durchführung der Arbeitgeber verpflicht ist, um Schäden oder Berufskrankheiten bei seinen Beschäftigten zu verhindern oder rechtzeitig zu erkennen. Die ArbMedVV enthält einen umfassenden Katalog von Gefährdungen, bei denen eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben ist. Dies betrifft vor allem eine beruflich bedingte Exposition der Mitarbeiter gegenüber Gefahrstoffen. Hierunter fallen zahlreiche Chemikalien oder andere gesundheitsschädliche Stoffe, aber auch diverse Keime und Viren (insbesondere wichtig für medizinisches Personal oder auch Personal in Kindergärten). Darüber hinaus sind auch zahlreiche physikalische Einwirkungen in der ArbMedVV gelistet, z.B. Hitze, Kälte, Lärm, Vibration, Reisen in Tropen oder Subtropen, bei denen eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben ist. Der Mitarbeiter darf die Arbeit erst nach Durchführung der Pflichtvorsorge aufnehmen, was auch bedeutet, dass der Mitarbeiter nicht auf dem Arbeitsplatz eingesetzt werden darf, sollte er die arbeitsmedizinische Untersuchung verweigern.
§ 5 ArbMedVV regelt, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter in bestimmten Fällen eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung anbieten muss. Wann das konkret der Fall ist, ist ebenfalls im Anhang der ArbMedVV geregelt. Die Liste ist sehr ähnlich derjenigen der Pflichtvorsorge, allerdings eingeschränkt auf die Fälle einer geringeren Gefährdung. Auch die bekannte Angebotsvorsorge bei Bildschirmarbeitsplätzen gehört hier dazu. Die Angebotsvorsorge ist somit gewissermassen der "kleine Bruder" der Pflichtvorsorge.
Der Arbeitgeber muss dem Beschäftigten die Angebotsvorsorge regelmäßig wiederholt anbieten und dies auch nachweisen können. Der Beschäftige ist aber frei, das Angebot anzunehmen oder auszuschlagen ohne dass dies wie im Fall der Pflichtvorsorge zu einem Beschäftigungsverbot führen würde.
§ 6 ArbMedVV ist mehr oder weniger eine Wiederholung des §11 ArbSchG, der besagt
"Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten auf ihren Wunsch unbeschadet der Pflichten aus anderen Rechtsvorschriften zu ermöglichen, sich je nach den Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit regelmäßig arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, es sei denn, auf Grund der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen."
Diese Vorsorge soll dem Beschäftigten die Möglichkeit geben, unabhängig von einer konkreten Gefährdung am Arbeitsplatz mit dem zuständigen Betriebsarzt zu sprechen und sich untersuchen zu lassen. Wenn also der Beschäftigte eine Untersuchung oder auch nur ein Gespräch mit dem Betriebsarzt wünscht, dann muss der Arbeitsgeber dies respektieren, ermöglichen und bezahlen. Das Gesetz sieht allerdings ein klare Einschränkung auf den berufliche Bereich vor, deckt also nicht den Ersatz des Hausarztes durch den Betriebsarzt oder umfassende Untersuchungen, Checkups oder Beratungen zu beliebigen gesundheitlichen Fragestellungen auf Kosten des Arbeitgebers ab.
Ein typischer Vorsorgeanlass der Wunschvorsorge ist beispielsweise die Beratung bei psychischen Belastungen am Arbeitsplatz.